Das andere Ende

Erzählung für Ältere

Auf dem Weg nach Golgatha

Ein Mann trägt einen schweren Balken durch die Straßen von Jerusalem. Eine Schar von Soldaten führt ihn vom Palast des Statthalters zum Stadttor. An seinen Armen und Beinen sieht man blutige Schrammen. Er schnauft heftig. Der Balken liegt schwer auf seiner Schulter. Doch er geht aufrecht, den Blick nach vorne gerichtet. Mit großem Abstand folgen ein paar Frauen und ein einzelner Mann. Eine Frau klagt leise: »Was geschieht nur mit unserem Jesus?«

Jetzt sind sie durchs Stadttor hindurch und folgen ein Stück der Straße. Die Soldaten treiben Jesus auf einen felsigen Hügel. Von weitem sieht er aus wie ein Totenkopf. »Schädelplatz« nennen ihn die Leute deshalb, »Golgatha«. Dort sind lange, dicke Balken aufrecht in den Boden gerammt. Der Balken, den Jesus auf den Schultern schleppt, wird an einem dieser Stämme oben quer befestigt. An dieses Kreuz hängen ihn die Soldaten. Noch zwei andere Männer nageln sie heute an Kreuze.

Die Tafel (I)

Einer der Soldaten hat eine kleine Tafel mitgebracht. Darauf steht: »Jesus aus Nazareth, der König der Juden«. Es steht in drei Sprachen da: hebräisch, griechisch und lateinisch. Der Soldat zeigt die Tafel seinen Kollegen. Das Lateinische können sie lesen und fangen an zu lachen. Sie denken daran, wie sie Jesus vorher als König verkleidet haben: Mit der Dornenkrone und dem alten, roten Soldatenmantel. Sie haben Jesus lächerlich gemacht. Und jetzt steht auf dieser Tafel »König«. Das finden sie lustig. »Pilatus hat das so angeordnet«, sagt der Soldat mit der Tafel. »Deshalb ist der auch verurteilt worden.« – »J-e-s-u-s«, liest ein anderer Soldat langsam und schaut zum Kreuz hoch. Dann sagt er: »Los, hängt die Tafel da hin, dann können es alle lesen, die hier vorbeikommen. Pah – kann so einer ein König sein?«

Auch eine Gruppe von Priestern kommt den Hügel Golgatha herauf. Es sind dieselben, die Jesus am Vormittag dem Pilatus übergeben haben. Sie wollen sehen, was geschieht.

»Was soll denn das?«, ruft der Vorderste von ihnen entsetzt. Er hat die kleine Tafel entdeckt. »König? Wieso denn König? Wie kann Pilatus so etwas schreiben? Das Schild muss weg. Wir werden uns beschweren.« Eilig läuft einer von ihnen in die Stadt zurück. Der Weg zu Pilatus im Prätorium ist nicht weit.

Das Gewand

Ein Soldat hält inzwischen das Obergewand in der Hand, das sie Jesus vorher ausgezogen haben. »Schaut euch das an. Sollen wir es uns teilen?« – »Nein«, antwortet ein anderer Soldat schnell, »das ist ein viel zu gutes Stück. Das können wir nicht zerschneiden. Lasst uns einfach losen, wer es bekommt.« Und schon hat er ein paar Stöckchen in der Hand und jeder zieht eines. Einer der Soldaten jubelt: »Ja! Es gehört mir.« Die anderen sehen enttäuscht aus und setzen sich wieder auf den Boden.

Die Tafel (II)

Der Priester, der zu Pilatus geeilt war, kommt zurück. »Und? Was hat Pilatus gesagt?«, ruft ihm einer von Weitem entgegen. »Keine Chance …«, keucht der und verschnauft eine Weile. Dann erzählt er: »Ich habe Pilatus gesagt: >Das Schild muss weg. Jesus ist nicht unser König. Er behauptet es nur.< Doch Pilatus hat nur gehässig gegrinst und gesagt: >Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben. Deshalb bleibt das. Basta.<« – »Was fällt dem ein? Los, wir gehen alle nochmal zu ihm und protestieren«, ruft einer empört. »Lass lieber«, beruhigt ihn ein anderer, »Hauptsache, die Sache mit Jesus ist erledigt.« Daraufhin gehen die Oberpriester in die Stadt zurück.

Am Kreuz

Nun ist es still auf dem Hügel Golgatha. Nur die wenigen Frauen und der Jünger stehen wie gebannt da und weinen leise. Immer wieder schauen sie auf Jesus, der da am Kreuz hängt.

Jesus schaut zu ihnen herunter. »Mutter«, sagt er mit einem Mal, »schau.« Seine Augen wandern zu dem Jünger, der verloren unterm Kreuz steht. »Schau, das ist jetzt dein Sohn. Jetzt sollst du für ihn da sein.« Einen Moment schweigt Jesus. Er bekommt kaum Luft. »Und du, Freund«, sagt er dann zu dem Jünger, »das ist jetzt deine Mutter. Kümmere dich um sie.«

Die beiden sagen nichts. Schweigend geht der Jünger zur Mutter von Jesus und fasst sie an den Händen.

Jesus sucht mit seinem Blick einen der Soldaten. »Ich habe furchtbaren Durst«, stöhnt er. Der Soldat erhebt sich langsam. »Dann geben wir ihm mal ein bisschen von dem Essig hier«, sagt er locker, nimmt einen Schwamm aus seinem Beutel und steckt ihn auf einen langen Stab. Aus einem Krug gießt er etwas auf den Schwamm und hält ihn Jesus an den Mund. Jesus trinkt ein paar Tropfen. Er atmet schwer. Noch einmal öffnet er den Mund und sagt leise, aber klar: »Jetzt ist es geschafft. Mein Weg ist vollendet. Gottes Werk ist vollbracht.«

Der Jünger hört es und schaut auf. Jesus neigt seinen Kopf auf die Brust. Er haucht sein Leben aus. Der Jünger schließt seine Augen. »Gottes Werk ist vollbracht«, hört er noch einmal in seinen Gedanken. Er spürt zwei Hände in seinen Händen. Er fasst sie etwas kräftiger und hält Maria fest. Sie erwidert seinen Druck und hält ihn fest. Sie sind nicht allein.

Frank Widmann

Cordula Janusch (Hg.) Frühling und neues Leben mit Kindern entdecken

Viele praktische Anregungen und Bausteine, um mit Kindern den Frühling zu erleben und die kirchlichen Feste der Osterzeit bis Trinitatis zu gestalten.

96 Seiten, 17 x 19,5 cm, kartoniert, durchgehend vierfarbig, € 9,95;

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Das Pflanzkärtchen Sonnenblume enthält Sonnenblumensamen. Es wird einfach in die Erde gesteckt und gegossen. Nach wenigen Tagen sprießen die ersten Keimlinge und versinnbildlichen das neue Leben, das mit der Auferstehung anbricht.

€ 1,00 (ab 25 Ex. je: € 0,89);

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Beim Bastelbogen Oster-Blume sind das Wiedererwachen der Natur (Frühling) und die Auferstehung des Lebens (Ostern) auf schöne Weise verknüpft. Die Bildszenen der sechs Blütenblätter folgen der Lukaserzählung und können außen bemalt werden.

DIN A4, € 0,90 (ab 10 Ex. je € 0,80);

Best.-Nr. 1723

Rainer Ollesch, David Ruddat, Frank Widmann (Hg.) Vom Weizenkorn zum Osterei

Kinder erleben die Passions- und Osterzeit

Passend zur Osterreihe enthält dieses Buch den Ostergottesdienst »Wir müssen nicht schwarz sehen«, die Bastelarbeit »Mein Osterkreuz«, das Gespräch eines heutigen Jüngers mit Jesus, ein Kreuzmemory zur Passions- und Ostergeschichte (nach Matthäus).

128 Seiten, DIN A4, kartoniert, durchgehend vierfarbig, € 19,80;

Best.-Nr. 2125

www.junge-gemeinde.de

Erzählung für Jüngere

III. Erzählung

… mit Licht – wie vergangenen Sonntag.

Die Soldaten laden Jesus einen schweren Balken auf die Schultern. Daran wollen sie ihn aufhängen, draußen vor der Stadt.

»Auf, beweg dich!«, ruft einer der Soldaten und gibt Jesus einen Stoß. Sie marschieren los: Die Soldaten mit Jesus in der Mitte. Er muss den Balken tragen. Den ganzen langen Weg.

2 Soldaten, Jesus mit Balken über den Schultern.

Draußen vor der Stadt steht ein Hügel. Er heißt Golgatha, Schädelplatz. Er sieht nämlich aus wie ein Schädel. Dorthin treiben die Soldaten Jesus. Dort hängen sie ihn an ein Kreuz. Auch zwei andere Männer werden dort gekreuzigt.

Rahmen rütteln: Hügel mit 3 Kreuzen.

Pontius Pilatus, der römische Herrscher in Jerusalem, hat den Soldaten eine kleine Tafel mitgegeben. Darauf steht, warum Jesus sterben soll: »Der König der Juden«.

INRI über Kreuz von Jesus schreiben.

Die kleine Tafel hängen die Soldaten oben ans Kreuz von Jesus. Alle, die vorbeikommen, können das lesen.

Die Oberpriester aber ärgern sich. Sie schicken einen Boten zu Pilatus: »Wieso schreibst du das? Er ist doch nicht unser König!« Pilatus schickt den Boten zurück: »Aber ihr habt ihn angeklagt, weil er behauptet, euer König zu sein.« Wieder schicken die Oberpriester den Boten zurück in die Stadt: »Ja, aber er behauptet das doch nur.« Pilatus wird es zu viel: »Ich lasse mir von denen doch nicht reinreden.« Und so bringt der Bote seine letzte Nachricht zum Hügel Golgatha: »Das steht da geschrieben, das bleibt. Basta!«

Die Soldaten halten bei den Kreuzen Wache.

Rahmen rütteln: 3 Soldaten

Sie haben Jesus sein Gewand ausgezogen.

Gewand dazumalen

Sie dürfen unter sich aufteilen, was denen gehört, die am Kreuz hängen. »Das ist ein gutes Kleidungsstück«, sagt einer der Soldaten. »Das teilen wir nicht untereinander auf. Wir losen darum, wem es gehört.«

Beim Kreuz stehen einige Frauen: Die Mutter von Jesus, ihre Schwester und noch zwei andere Frauen. Sie sind verzweifelt. Sie weinen.

Rahmen rütteln: Kreuz, 1 Frau,1 Jünger

Auch einer von den Jüngern von Jesus ist da. Er ist entsetzt und versteht nicht, warum das mit Jesus geschieht.

Jesus hängt am Kreuz und sieht sie. Er sagt zu seiner Mutter: »Schau her, er ist jetzt dein Sohn. Kümmere dich um ihn.« Dann wendet er sich an den Jünger und sagt: »Schau her, sie ist ab jetzt deine Mutter. Sorge für sie.« Dann ist es wieder still, entsetzlich still.

Um Maria und den Jünger ein Herz andeuten.

Lange hängt Jesus da.

Rahmen rütteln: Großes Kreuz.

Dann sagt er: »Ich habe schrecklichen Durst.« Ein Soldat schaut langsam auf. Er nimmt einen Schwamm aus einem Beutel und lacht: »Geben wir ihm ein bisschen Essig!« Er taucht den Schwamm in einen Krug und steckt ihn auf einen langen Stock. So lässt er Jesus ein paar Tropfen trinken.

Schwamm an Stab einzeichnen.

Noch einmal macht Jesus den Mund auf: »Ich habe es geschafft. Gottes Werk ist vollbracht.« Dann verlässt ihn die Kraft. Er gibt sein Leben hin. Er stirbt. Aber er ist nicht alleine.

I. Grundgedanken

Zugänge für den ­Vorbereitungskreis

Lesen Sie laut den Bibeltext miteinander. Anschließend überlegen Sie: Wo erzählt das Johannesevangelium »doppeldeutig« oder »hintersinnig«? Wo also steckt mehr dahinter als es zuerst scheint?

Wenn Ihr Team über fundiertes Bibelwissen verfügt, können Sie sich auch Gedanken machen, was an der Darstellung im Johannesevangelium im Vergleich zu den anderen Evangelien unterschiedlich ist, wo Johannes Anderes betont, einen anderen Akzent setzt (s. hierzu auch »Zum Text / Zum Thema«, unten).

Zum Text / Zum Thema

In dem kurzen Textabschnitt geschieht sehr viel. Der Evangelist macht durch seine Erzählweise klar: Es geschieht Weltbewegendes. Jesus geht diesen letzten Weg, Jesus stirbt seinen Tod für uns, uns zum Heil.

Einige Beobachtungen
  • Jesus trägt sein Kreuz selbst (vermutlich war es der Querbalken, der dann vor Ort an einem aufrechten Balken befestigt wurde). Ihm wird dabei also nicht geholfen, wie in den anderen Evangelien berichtet wird. Johannes betont damit: Jesus geht seinen Weg freiwillig und bewusst. Er ist hier der Handelnde, Subjekt des Geschehens – auch wenn es anders aussieht.
  • Golgatha war vermutlich ein schädelförmiger Felsen außerhalb der Stadtmauern Jerusalems, den die Römer als Hinrichtungsstätte nutzten.
  • Die Kreuzigung ist im Johannesevangelium gewissermaßen die »Inthronisation« Jesu. Er steht in der Mitte und wird durch die Notiz am Kreuz weltweit als wahrer König bekannt gemacht.
  • »König der Juden« ist von Pilatus als Verhöhnung gemeint. Zum einen hat er im Verhör die Unschuld Jesu festgestellt, zum anderen drückt er damit eine Herabwürdigung der jüdischen Autoritäten aus. Diese verlangen daraufhin, dass er die Notiz zurückzieht. Doch Pilatus will sich jetzt wohl nicht noch einmal ihrem Drängen beugen. Für das Johannesevangelium ist damit die tiefe Wahrheit ausgesprochen: Jesus ist der wahre König.
  • Die Entkleidung ist eine öffentliche Schmähung. Für Johannes erfüllt sich darin allerdings die alttestamentliche Prophetie (Psalm 22,19).
  • Dadurch, dass Jesus seine Mutter Maria und den »Lieblingsjünger« aufeinander verweist, kommt die spätere christliche Gemeinde bereits in den Blick.
  • Es ist paradox, dass Jesus, der selbst lebendiges Wasser gibt (Johannes 4), dürstet. Doch auch hierin erfüllt sich, was die Heilige Schrift sagt (Psalm 22,15). Der in großer Heillosigkeit leidet, bringt das Heil für die Welt.
  • Jesus vollendet seinen irdischen Weg bewusst. Er gibt – quasi aktiv – seinen Geist hin. Er ist, obwohl ans Kreuz genagelt, dennoch frei und souverän.
Die Kinder und der Text / das Thema

Manche Kinder haben schon Erfahrungen damit gemacht, dass jemand aus der Familie oder ein Haustier (altershalber oder wegen einer schweren Krankheit) gestorben ist. Den meisten Kindern dürfte eine öffentliche Hinrichtung fremd sein. Lediglich einige ältere Kinder könnten von der Todesstrafe in anderen Ländern gehört haben und dass früher auch bei uns Menschen hingerichtet wurden.

Allerdings gibt es in den allermeisten Kirchen eine Darstellung des gekreuzigten Jesus. Unsere Erzählungen vom Tod Jesus helfen Kindern, diese Kreuzigungsbilder gedanklich zu verstehen und zu deuten.

Vor allem jüngere Kinder werden die Doppeldeutigkeit der johanneischen Erzählung kaum erfassen. Jedenfalls möchte ich beim Erzählen die österliche Hoffnung durchscheinen lassen.

II. Gestaltungshinweise

Liturgische Elemente

S. Heft 1-2022: »Zur ganzen Reihe«, »II. Liturgische Elemente für die ganze Reihe«.

Kreative Umsetzung der Geschichte
Kunstwerke nachstellen

S. Heft 1-2022: »Zur ganzen Reihe«, »III. Zur Gestaltung der Reihe«.

Schattenriss

Die Kinder reißen aus schwarzem Papier ein Kreuz aus. Älteren Kindern gelingt es vielleicht mit Bunt- oder Wachsstiften, Jesus am Kreuz aufs Papier zu skizzieren und dann auszureißen. Es geht dabei nicht darum, die Formen besonders exakt hinzubekommen.

Auf einem weißen Papier gestalten sie dann mit bunten Farben, was Hoffnung und Freude macht, was Jesus an Schönem in die Welt gebracht hat. Sie können sich darüber zuerst miteinander und mit den Mitarbeitenden austauschen, damit sie Ideen finden.

Anschließend wird das dunkle Kreuz auf den bunten Hintergrund geklebt.

Der besondere Tipp

Kamishibai-Bildkarten-Set: Der Kreuzweg Jesu

Nicht nur die jüngeren Kinder schauen sich die Bilder gerne und intensiv an, während die Geschichte dazu erzählt wird. In diesem Fall vom Kreuzweg Jesu.

Egal, ob Sie sich am mitgelieferten Erzähltext orientieren oder frei erzählen – Sie können jederzeit unterbrechen, Impulse setzen, Fragen erläutern.

11 Bildkarten, DIN A3, auf hochwertigem 300-g-Papier, mit Erzähltext-Vorlage.

€ 16,00 ; Best.-Nr. 3263

www.junge-gemeinde.de

Hier geht es weiter zur Erzählung für Ältere.

Hier geht es weiter zur Erzählung für Jüngere.

Hier geht es weiter zur nächsten Einheit.

I. Vorüberlegungen

Alle Evangelien erzählen die Geschichte Jesu »von hinten her«. Wie sie erzählen, ist geprägt von der Erkenntnis, dass Jesus zu unserem Heil gestorben und wieder auferstanden ist. Was von Jesus berichtet wird, ist durchdrungen von der Frohen Botschaft: Gott kommt in Jesus den Menschen nahe. Auch wenn das Johannesevangelium darin mit den drei ersten (älteren) Evangelien übereinstimmt, ist es doch anders:

  • Es spricht eine andere Sprache, redet viel stärker »begrifflich« und bietet eine »hohe« Theologie.
  • Jesus hält im Johannesevangelium lange Reden darüber, wer er ist und was seine Sendung ausmacht.
  • Dennoch enthält es auch viel Erzählstoff: Sieben »Zeichen« (= Wundergeschichten), die deutlich als theologische Erzählungen geprägt sind.
  • Es ist von viel Symbolik geprägt (z. B. die »Ich-bin-Worte«) und enthält viele zwei- oder mehrdeutige Aussagen.
  • Im Johannesevangelium verschränken sich die Zeiten: In der Geschichte Jesu spiegelt sich deutlich die Situation der späteren Gemeinde. Wenn Jesus zu seinen Jünger*innen redet, redet er zugleich mit den Christen der späteren Zeiten. Wenn er sich mit seinen Gegnern auseinandersetzt, zeigen sich darin deutlich die Konflikte der Christen an der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert mit ihrer Umwelt. (Vorsicht: Die harten Worte gegen »die Juden«, gemeint sind die jüdischen Autoritäten, sind nicht antisemitisch oder antijüdisch zu verstehen, sondern erklären sich aus den schmerzhaften Trennungsprozessen der frühen Christen von der jüdischen Synagoge – und umgekehrt.)
  • Von Anfang an weist das Johannesevangelium immer wieder auf das Leiden und Sterben Jesu hin – und zugleich auch auf die Auferstehung:
    • Immer wieder wird angemerkt, das Passafest sei nahe. (Jesus ist das wahre »Passalamm«.)
    • Wiederholt wird erwähnt, dass Jesu Gegner beschließen, ihn zu töten.
    • Der Hinweis auf »die Stunde Jesu« weist voraus auf seinen Tod.
    • Oft kündigt Jesus an, dass er »hingehen« wird, dass er »erhöht« und »verherrlicht« werden muss. Gerade in den Begriffen »Erhöhung« und »Verherrlichung« zeigt sich, wie eng das Johannesevangelium den Tod und die Auferstehung Jesus zusammendenkt. Die buchstäbliche »Erhöhung« ans Kreuz ist in der Erkenntnis des Glaubens kein schändlicher Tod, sondern bringt Jesus letztlich zurück ins Leben, zurück zu Gott, von dem er kam. Und das grausame Sterben dient am Ende dazu, Gott und Jesus zu verherrlichen und für die Glaubenden das ewige Leben zu bringen.
    • Selbst wenn vom Leiden Jesu deutlich mit der »österlichen Brille« erzählt wird, wird das schreckliche Geschehen keineswegs verharmlost oder überspielt.

II. Liturgische Elemente für die ganze Reihe

Viele Passionslieder erzählen so von Jesu Leiden und Sterben, dass etwas von der Osterhoffnung durchschimmert:

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt (EG 98/KuS 94/LJ 74/KG 59/KKL 100);

Holz auf Jesu Schulter (EG 97/KuS 98);

Als Jesus gestorben war (KuS 100/MKL 113/LH 2 258);

Es geht ein Weinen um die Welt (KuS 102/KGB 55);

Kreuz, auf das ich schaue (EG RT/KuS 104);


Psalm 22

Gebet nach Psalm 73 (KuS 660)

Dbd 2022, S. 29-33


III. Zur Gestaltung der Reihe

Kunstwerke nachstellen

Diese kreative Aktion (etwa ab dem Grundschulalter) könnte sich durch die ganze Reihe ziehen.

Die einzelnen Passionsgeschichten wurden in der Kunst über die Jahrhunderte vielfach dargestellt. Übers Internet sind viele Bilder zu finden.

Suchen Sie zu jedem Bibeltext ein Kunstwerk aus, das Sie besonders anspricht. Drucken Sie es großformatig farbig aus oder projizieren es an die Wand. Betrachten Sie es gemeinsam mit den Kindern. Dann darf sich jedes Kind eine Person im Bild aussuchen und deren Gestik und Mimik nachmachen.

  • Was drückt die Person aus?
  • Wie fühlt es sich an, so zu schauen, so zu stehen?

Lassen Sie genügend Zeit für Entdeckungen.

Schließlich wird die ganze Szene nachgebaut. Hierzu bedarf es u. U. einer Requisiten- und Verkleidungskiste. Alles wird entsprechend platziert und die Kinder nehmen ihre Rollen ein. Das Ganze wird fotografiert und im gleichen Format wie das ursprüngliche Kunstwerk ausgedruckt. Beide Bilder werden zusammen in der Kirche/im Gemeindehaus aufgehängt. Eine kurze Erklärung nimmt die Betrachtenden mit und die Unterschriften der beteiligten Kinder vervollständigen das Ganze.

Tipp: Im Vorfeld ggf. mit den Eltern abklären, ob Bilder ihres Kindes öffentlich ausgehängt werden können.

Frank Widmann

I. Vorüberlegungen

Alle Evangelien erzählen die Geschichte Jesu »von hinten her«. Wie sie erzählen, ist geprägt von der Erkenntnis, dass Jesus zu unserem Heil gestorben und wieder auferstanden ist. Was von Jesus berichtet wird, ist durchdrungen von der Frohen Botschaft: Gott kommt in Jesus den Menschen nahe. Auch wenn das Johannesevangelium darin mit den drei ersten (älteren) Evangelien übereinstimmt, ist es doch anders:

  • Es spricht eine andere Sprache, redet viel stärker »begrifflich« und bietet eine »hohe« Theologie.
  • Jesus hält im Johannesevangelium lange Reden darüber, wer er ist und was seine Sendung ausmacht.
  • Dennoch enthält es auch viel Erzählstoff: Sieben »Zeichen« (= Wundergeschichten), die deutlich als theologische Erzählungen geprägt sind.
  • Es ist von viel Symbolik geprägt (z. B. die »Ich-bin-Worte«) und enthält viele zwei- oder mehrdeutige Aussagen.
  • Im Johannesevangelium verschränken sich die Zeiten: In der Geschichte Jesu spiegelt sich deutlich die Situation der späteren Gemeinde. Wenn Jesus zu seinen Jünger*innen redet, redet er zugleich mit den Christen der späteren Zeiten. Wenn er sich mit seinen Gegnern auseinandersetzt, zeigen sich darin deutlich die Konflikte der Christen an der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert mit ihrer Umwelt. (Vorsicht: Die harten Worte gegen »die Juden«, gemeint sind die jüdischen Autoritäten, sind nicht antisemitisch oder antijüdisch zu verstehen, sondern erklären sich aus den schmerzhaften Trennungsprozessen der frühen Christen von der jüdischen Synagoge – und umgekehrt.)
  • Von Anfang an weist das Johannesevangelium immer wieder auf das Leiden und Sterben Jesu hin – und zugleich auch auf die Auferstehung:
    • Immer wieder wird angemerkt, das Passafest sei nahe. (Jesus ist das wahre »Passalamm«.)
    • Wiederholt wird erwähnt, dass Jesu Gegner beschließen, ihn zu töten.
    • Der Hinweis auf »die Stunde Jesu« weist voraus auf seinen Tod.
    • Oft kündigt Jesus an, dass er »hingehen« wird, dass er »erhöht« und »verherrlicht« werden muss. Gerade in den Begriffen »Erhöhung« und »Verherrlichung« zeigt sich, wie eng das Johannesevangelium den Tod und die Auferstehung Jesus zusammendenkt. Die buchstäbliche »Erhöhung« ans Kreuz ist in der Erkenntnis des Glaubens kein schändlicher Tod, sondern bringt Jesus letztlich zurück ins Leben, zurück zu Gott, von dem er kam. Und das grausame Sterben dient am Ende dazu, Gott und Jesus zu verherrlichen und für die Glaubenden das ewige Leben zu bringen.
    • Selbst wenn vom Leiden Jesu deutlich mit der »österlichen Brille« erzählt wird, wird das schreckliche Geschehen keineswegs verharmlost oder überspielt.

II. Liturgische Elemente für die ganze Reihe

Viele Passionslieder erzählen so von Jesu Leiden und Sterben, dass etwas von der Osterhoffnung durchschimmert:

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt (EG 98/KuS 94/LJ 74/KG 59/KKL 100);

Holz auf Jesu Schulter (EG 97/KuS 98);

Als Jesus gestorben war (KuS 100/MKL 113/LH 2 258);

Es geht ein Weinen um die Welt (KuS 102/KGB 55);

Kreuz, auf das ich schaue (EG RT/KuS 104);


Psalm 22

Gebet nach Psalm 73 (KuS 660)

Dbd 2022, S. 29-33


III. Zur Gestaltung der Reihe

Kunstwerke nachstellen

Diese kreative Aktion (etwa ab dem Grundschulalter) könnte sich durch die ganze Reihe ziehen.

Die einzelnen Passionsgeschichten wurden in der Kunst über die Jahrhunderte vielfach dargestellt. Übers Internet sind viele Bilder zu finden.

Suchen Sie zu jedem Bibeltext ein Kunstwerk aus, das Sie besonders anspricht. Drucken Sie es großformatig farbig aus oder projizieren es an die Wand. Betrachten Sie es gemeinsam mit den Kindern. Dann darf sich jedes Kind eine Person im Bild aussuchen und deren Gestik und Mimik nachmachen.

  • Was drückt die Person aus?
  • Wie fühlt es sich an, so zu schauen, so zu stehen?

Lassen Sie genügend Zeit für Entdeckungen.

Schließlich wird die ganze Szene nachgebaut. Hierzu bedarf es u. U. einer Requisiten- und Verkleidungskiste. Alles wird entsprechend platziert und die Kinder nehmen ihre Rollen ein. Das Ganze wird fotografiert und im gleichen Format wie das ursprüngliche Kunstwerk ausgedruckt. Beide Bilder werden zusammen in der Kirche/im Gemeindehaus aufgehängt. Eine kurze Erklärung nimmt die Betrachtenden mit und die Unterschriften der beteiligten Kinder vervollständigen das Ganze.

Tipp: Im Vorfeld ggf. mit den Eltern abklären, ob Bilder ihres Kindes öffentlich ausgehängt werden können.

Frank Widmann

Das Mitmachheft im Kindergottesdienst

4-2022

Der rote Faden

Die biblische Ostergeschichte von Thomas, der zunächst nicht glauben kann, dass Jesus lebt (Johannes 19 und 20 i. A.) steht im Mittelpunkt dieses Heftes. Neben eigenen Zweifeln, die angesprochen werden, wird aufgezeigt, wodurch Jesus auch uns heute zur Seite steht und wie er uns begleitet.

Was Sie erwartet

  • Die biblische Geschichte, wird mit aktuellem Rahmen sowie Möglichkeiten der eigenen Beteiligung und Beschäftigung erzählt.
  • Mit den Augen machen wir einen Spaziergang durch das Bild »Der ungläubige Thomas« des Malers Caravaggio. Infos und Impulse dazu geben Anregungen beim Betrachten und Nachdenken.
  • Mit »Jesus auf der Spur« werden Beispiele gegeben, wo uns Jesus immer wieder hilft, in seinem Sinne zu leben. Zu diesen Beispielen können die Kinder selbst aktiv werden.
  • Die Bastelarbeit »… und dann ist alles ganz anders« (Zick-Zack-Bild) greift die veränderte Situation der Jüngerinnen und Jünger vorher und nachher auf.
  • »Neues sehen« – mit einem Drehbild, das eine optische Täuschung aufnimmt, kommen wir dem neuen Leben nach dem Tod auf die Spur.

Werkstatt

An dieser Stelle der Hinweis auf die Für-Dich!-Werkstatt. Sie enthält konkrete Hinweise und Impulse, »Für Dich!« sowohl im monatlichen wie auch im wöchentlichen Kindergottesdienst gewinnbringend für Kinder und Mitarbeitende einzusetzen.

Kostenfrei öffnen oder zum Bearbeiten herunterladen unter:

https://www.junge-gemeinde.de/fuer-dich.html

www.junge-gemeinde.de

Hier geht es weiter zur Einheit des 3. April 2022.

Hier geht es weiter zur Einheit des 10. April 2022.

Hier geht es weiter zur nächsten Reihe.

Diese KiGo-Entwurf wurde so angepasst, dass Eltern mit Ihren Kinder auch einen Gottesdienst-zu-Hause feiern können. Die Erzählung kann auch in zwei Teile geteilt an verschiedenen Tagen nacherzählt oder vorgelesen werden.

Hintergrundwissen für die Eltern

Jesus ist „am Ende“. Er ahnt sein Schicksal und hadert damit. Er „ringt“ geradezu körperlich mit Gott. Gott erspart ihm sein Schicksal nicht, aber schickt einen Engeln, der Jesus stark macht.

Zum Bibeltext – 1. Teil

Jesus geht mit seinen Leuten zum Ölberg. Der liegt etwa einen Kilometer von Jerusalem entfernt auf der anderen Seite des Kidrontales. Vermutlich war die Stadt während des Passafestes von Festpilgern überlaufen, sodass Jesus mit seinen Jüngern am Ölberg (unter freiem Himmel) übernachtet hat. Er mahnt seine Jünger angesichts der kommenden Bedrohung zu beten, geht ein Stück für sich und betet selbst. Wie öfter spricht er Gott mit dem vertrauensvollen „Vater“ an, auch wenn er weiß, dass ihn ein schlimmes Schicksal (= Kelch) erwartet. Jesus fügt sich allerdings gehorsam dem Plan Gottes und wird von einem Engel gestärkt. Wie dies geschieht, erfahren wir nicht. Solange Jesus heftig im Todeskampf betet, schlafen die Jünger ein. Jesus ermahnt sie noch einmal, wach zu bleiben und zu beten.

2. Teil

Jesus ist mit seinen Jüngern am Ölberg. Sein Jünger Judas führt eine kleine Abteilung der Tempelpolizei im Auftrag des jüdischen Hohen Rates zu Jesus. Er kennt die Stelle, wo sie gewöhnlich übernachten und begrüßt Jesus dort, als sei alles gut und normal. Der Kuss (vermutlich auf die Wange) ist ein Zeichen der tiefen Vertrautheit. Jesus entlarvt den Kuss als Erkennungszeichen für die mitgebrachten Soldaten.

Die Jünger wollen sich und Jesus verteidigen. Sie müssen also teilweise bewaffnet gewesen sein. Lukas 22,38 berichtet, dass die Jünger über zwei Schwerter verfügen. (Bei einem der Jünger, Simon mit Beinamen „Zelotes“, kann man davon ausgehen dass er der Gruppe der Zeloten angehört hatte, die eine gewaltsame Befreiung von der römischen Oberherrschaft anstrebte.) Tatsächlich kommt es zu einem Übergriff: Einer der Jünger verletzt einen Soldaten am Ohr. Davon erzählen alle Evangelien. Dass Jesus nicht nur weitere Gewalt verhindert, sondern das Ohr dieses „Feindes“ wieder heilt, findet sich aber nur bei Lukas. Jesus stellt sich den angerückten Soldaten. Zugleich kritisiert er die bewaffnete Nacht-und-Nebelaktion. Er deutet seine Verhaftung als Ausdruck der Macht der „Finsternis“ (= das Böse, das das Tageslicht scheuen muss).

DER CLOU (und deshlab ist es auch gut, beide Geschichten im Zusammenhang zu sehen). Das Gebet und Gottes Hilfe (Engel) haben Jesus stark gemacht, er erscheint darum als „Herr der Lage“, obwohl er gefangen genommen wird.

3. Die Kinder und der Text / das Thema

Kinder fühlen sich gelegentlich „ausgeliefert“. Sie können nicht bestimmen und durchsetzen, was sie wollen. Wenige werden extreme Dinge wie Gewalt und Missbrauch erlebt haben. Manche haben bestimmt auch schon Erfahrungen mit schweren Krankheiten (bei sich oder anderen) gemacht, denen man nicht ausweichen kann.

Dazu gehört auch die Erfahrung: Wenn ich bete – auch in Notlagen – bekomme ich nicht immer das, worum ich Gott bitte. Die Geschichte zeigt dennoch, das Beten richtig und wichtig ist, denn es verleiht Kraft, um auch mit schlimmen Ereignissen zurecht zu kommen.

Die Älteren werden in der Geschichte sicher Anzeichen dafür finden, dass hier Unrecht geschieht. Schlimm ist auch der Kontrast zwischen der liebevoll-vertrauten Begrüßung durch Judas und dem Verrat, den Judas damit verübt. Das nehmen Kinder gut wahr. Mitten in allem Schlimmen verübt Jesus eine Heilung. Er setzt der Gewalt Liebe entgegen. Damit lernen Kinder eine besondere „Eigenschaft“ von Jesus kennen.

Frank Widmann

So könnte eine kurzer GOTTESDIENST zuhause ablaufen (Liturgie):

BEGINN (Votum): Ein Kerze wird angezündet – und der Gottesdienst beginnt mit dem Worten: „Wir feiern jetzt Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes

LIED: Danke für diesen guten Morgen (z.B. hier: https://www.youtube.com/watch?v=IMCeBIDHHhU)

BIBLISCHE ERZÄHLUNG: Im Garten Gethsemane (Jesus betet – Jesus wird festgenommen) – wählen Sie einen der angehängten Erzählungen aus.

LIED: Von guten Mächten wunderbar geborgen (z.B. hier vom Autor selbst gesungen: https://www.youtube.com/watch?v=aN7dGz6NH5M)

GEBET

Danke Gott, dass wir zu Dir beten dürfen, und danke dass wir darauf vertrauen können, dass Du uns hörst. Danke Gott, dass Du Deinen Sohn Jesus auf die Welt geschickt hast, und dass Du ihm die Stärke geschenkt hat, sein Leben für uns zu opfern. Wir bitten Dich, dass Du uns allen die Sträke schenkst, um diese Zeit, in der wir auf vieles verzichten müssen. Wir denken besonders auch die Menschen , die jetzt zuhause alleine sein müssen, hilf uns zu sehen, wem und wie wir selbst helfen können. Wir bitten Dich um deinen Segen. AMEN

IM ANSCHLUSS können Sie Kinder eine der zugehörigen Kreativ-Ideen umsetzen.

Jedes Kind bekommt eine weiße Karte (A6) und malt darauf völlig willkürlich kreuz und quer mit schwarzem (Filz-)Stift Linien. Das Liniengewirr steht für die Angst und die Bedrohung Jesu am Ölberg.

„Findest du auf deiner Karte eine Figur, die Jesus sein könnte? Und eine, die den Engel darstellen kann?“

Die Kinder lassen ihre Fantasie spielen und „suchen“ zwischen den Linien die Gestalten. Sie malen dann mit Wachsstiften (oder anderen deckenden Farben) die Jesusfigur dunkel und den Engel hell aus.

Mit Gott reden gibt Kraft

Olivenbäume wachsen krumm und knorrig. Je älter sie sind, desto dicker werden die Stämme. Man kann in der zerfurchten Rinde Fratzen und Ungeheuer entdecken.

Am Ölberg stehen unzählige Olivenbäume, den ganzen Hang hinauf. Jetzt bei Nacht kann man das nur ahnen. Der Mond wirft helle Flecken auf die Stämme und Schatten auf den Boden.

Die Jünger übernachten mit Jesus hier draußen. Eine Herberge in Jerusalem können sie sich nicht leisten. Und jetzt beim Passafest ist die Stadt sowieso von Festpilgern überlaufen. Hier unter den Olivenbäumen haben sie einen guten Platz gefunden.

Von hier aus sieht man auf die Stadt. Jerusalem liegt heute Nacht noch ziemlich hell da. Aus vielen der kleinen Fenster dringt mattes Licht. Die Leute sitzen noch da und feiern. Und viele sind noch in den Straßen unterwegs und tragen Fackeln bei sich.

„Betet!“, sagt Jesus plötzlich in die Stille. Sie sind an ihrem Übernachtungslager angekommen. „Betet, damit ihr die schlimme Zeit übersteht.“

„Was ist denn jetzt?“, fragt Petrus den Johannes. „Etwas ist seltsam.“

„Komm, wir fragen Jesus“, sagt Johannes und dreht sich um. „Wo ist er denn?“

„Er ist ein Stück weggegangen“, antwortet Jakobus. „Er will für sich sein und beten.“

„Mit seinem Vater reden“, denkt Johannes laut. Er breitet seinen Mantel auf den Boden und lässt sich darauf nieder. „Leute, bin ich müde.“

Nur einen Steinwurf weiter kniet Jesus auf dem Boden. Hier ist es ganz still. Nur ein sanfter Wind lässt die Blätter rascheln. Jesus zittert. Er beugt sich tief und fährt wieder hoch. Es ist, als ob er kämpft. Aber da ist kein Gegner.

„Vater“, stößt er hervor. „Vater, ich kann das nicht. Nimm diesen Kelch weg. Ich kann ihn nicht trinken. Ich will ihn nicht trinken. Ich will das nicht, was jetzt auf mich zukommt.“

Eine Weile hört man Jesus nur atmen. Er atmet schwer, als ob er arbeitet.

„Vater, du kannst dieses Schicksal abwenden. Nimm diesen bitteren Kelch weg. Bitte!“ Jesus betet weiter. Immer wieder und immer lauter. „Aber nicht, was ich will, soll geschehen, sondern was du willst, Vater, was du willst…“ Jesus schwitzt. Schwere Tropfen fallen von seiner Stirn auf den Boden. Er schwitzt, als ob er kämpft. Aber da ist kein Gegner. Nur die knorrigen Ölbäume stehen da und gaukeln einem Gestalten vor.

Aber da ist doch jemand. Jesus kann es spüren. Auch wenn niemand zu sehen ist. Ist das womöglich…? Hat Gott einen geschickt, um ihm die Angst zu nehmen? Ist ein Engel gekommen, um ihn zu stärken? Soll der ihm Mut machen? Ist das die Antwort, die Jesus von seinem Vater bekommt?

Jesus richtet sich auf. Er steht gerade. Er wischt sich über die Stirn und über die Augen. Dann dreht er sich um und läuft zurück zu seinen Freunden.

Er bleibt an ihrem Lagerplatz stehen und schaut nach den Gefährten. Sie liegen alle in ihre Mäntel eingewickelt da. Sie atmen ruhig und gleichmäßig.

„Was schlaft ihr denn? Was hängt ihr hier rum? Habe ich nicht gesagt, ihr müsst beten? Beten, damit ihr die schlimme Zeit übersteht.“ Jesus ist laut geworden.

Die Jünger sitzen erschrocken da: „Was ist denn in Jesus gefahren?“

„Er macht mir Angst“, denkt Johannes und schaut sich um.

Von der Stadt dringt ein Lichtschein durch die Ölbäume. Die knorrigen Schatten huschen hin und her.

Die Stunde der Dunkelheit

Plötzlich ist Andreas hellwach. Gerade noch war er kurz vor dem Einschlafen. Da kommen doch Leute. Er kann sie kommen hören. Sie haben Fackeln dabei und ihre Schritte sind hart. Sie kommen genau auf den Platz zu, wo die Jünger mit Jesus übernachten wollen. Sie reden kein Wort. Das ist seltsam. Sie marschieren stumm.

Jetzt kann man Gestalten zwischen den Olivenbäumen erkennen. Ihre Schatten flackern im Licht der Fackeln hin und her. Andreas hält die Luft an.

„Ach, der ganz vorne, das ist doch Judas“, sagt Johannes. „Also ist alles gut. Wen hat unser Freund denn da mitgebracht?“

Man erkennt die Leute nicht. Es ist zu dunkel. Judas löst sich von der Gruppe und geht auf Jesus zu. Er fasst ihn an den Oberarmen und zieht ihn zu sich. Sie sind ja wie eine Familie. Sie küssen sich auf die Wange, wenn sie sich treffen. Aber jetzt hält Jesus Judas von sich weg. „Was tust du, Freund?“, stößt er hervor. „Mit einem Kuss lieferst du mich aus? An die da?“ Jesus zeigt auf die Leute, die hinter Judas langsam näher kommen.

„Das sind ja…“, fährt es aus Andreas heraus. „Soldaten!“, fällt ihm Johannes ins Wort. „Tempelwachen! Was wollen die hier?“

„Jesus, die sind bewaffnet!“, ruft Andreas. „Die wollen dich mitnehmen. Oder uns alle. Wir wehren uns. Ich nehme mein Schwert…“

Bevor Jesus etwas antworten kann, fährt einer von den Jüngern herum. Er greift unter sein Gewand. Er zieht ein kurzes Schwert hervor und stürmt auf die Soldaten zu. Ein Schrei gellt in die Nacht hinaus. „Halt“, ruft Jesus, „lass das!“ Und er drängt den mit dem Schwert hinter sich.

Einen der Soldaten hat es erwischt. Er kauert am Boden und stöhnt. Zwei rücken mit ihren Fackeln näher heran. Die anderen stehen abwehrbereit mit ihren Waffen da. „Es ist sein Ohr“, raunt einer.

Jesus schaut zu dem Mann hinunter. Die Jünger kennen diesen Blick. Jesus beugt sich zu dem Verletzten und legt seine Hand auf das blutende Ohr. „Er wird doch nicht…“, flüstert Johannes. „Der macht ihm das Ohr wieder heil“, antwortet Andreas. „Aber die wollen doch…“

Jesus steht wieder aufrecht. Er baut sich vor den Soldaten auf. Jetzt erkennt man, dass auch einige hohe Herrschaften mitgekommen sind. Hinter den Soldaten. „Oberpriester!“, stellt einer der Jünger fest. Er klingt erschrocken.

„Was tut ihr hier?“, fängt Jesus an zu reden. Er blickt über die Soldaten zu den Priestern. „Warum zieht ihr mit Schwertern und Knüppeln hier heraus? Wollt ihr einen Räuber fangen?“ Keiner antwortet. Da redet Jesus einfach weiter: „Jeden Tag war ich im Tempel, am helllichten Tag. Alle haben mich sehen können. Warum habt ihr mich nicht da ergriffen?“ Immer noch sagt keiner etwas. „Habt ihr euch vor den Leuten gefürchtet? Dass sie mir helfen, wenn ihr mich verhaftet? Bei Nacht kommt ihr hierher, um mich zu holen! Weil es unrecht ist, was ihr da tut!“

Nun bellt doch einer einen Befehl. Plötzlich kommt Bewegung in die Soldaten. Drei oder vier stürmen vor und halten Jesus fest. Sie binden ein Seil um seine Hände.

Da ist es Andreas, als ob er aus einem bösen Traum erwacht: „Komm, wir müssen weg hier!“ Er schnappt Johannes am Ärmel und zieht ihn hinter sich her. Zwischen die Bäume, in den Schatten, wo sie niemand sieht.

Aber die Soldaten suchen gar nicht nach ihnen. Da wird es Andreas klar: „Die wollen nur Jesus mitnehmen.“

Wieder hört man harte Schritte. Sie sind auf dem Weg, der ins Tal führt und dann nach Jerusalem. Sie bringen Jesus in die Stadt. „Was machen sie mit ihm?“, fragt Johannes verzweifelt. „Hat Jesus gar keine Angst? Wer hat ihm denn so viel Mut gegeben?“                                                                                                      Frank Widmann

Ich, den alle den kleinen Daniel nennen, war dabei, als Jesus sterben musste. Und ich war wohl der Letzte, der Jesus etwas Gutes tat. Lasst mich erzählen:
Die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer in ganz Jerusalem verbreitet.
Pontius Pilatus hatte Jesus verurteilt. Er wurde gekreuzigt.
Ich habe es gleich am Morgen erfahren, als ich in den Tempel ging, um ein Opfer zu bringen.
Das ist nicht recht, dachte ich bei mir. Jesus zu verurteilen, dazu gibt es keinen Grund.
Das Opfer vergaß ich. Ich lief schnell nach Hause. Aus meinem kleinen Haus holte ich den bauchigen Krug mit Essig und den alten Schwamm.
Manchmal lassen sie einen an die Verurteilten am Kreuz. Dann kann man den Armen ein bisschen Linderung verschaffen, in ihrem Leid.
Eilends lief ich durch die engen Gassen. Ein trockener, beißender Wind wehte und machte den Menschen das Atmen schwer. Ein seltsam bleiernes Licht herrschte über der Stadt. Es war eine bedrückende Stimmung.
Ich lief den steinigen Weg den Hügel hinauf. Von Weitem schon sah ich die drei neuen Kreuze. Aus der Ferne konnte ich nicht sehen, wo Jesus war.
Vorsichtshalber näherte ich mich den Kreuzen ganz langsam, fast beiläufig, als ob ich rein zufällig hier war. Aber hierher kam niemand rein zufällig.
Vor dem mittleren Kreuz standen römische Soldaten in staubigen Rüstungen. Sie stritten miteinander.
Ich sah am Kreuz hoch und erkannte Jesus. Seinen Blick werde ich niemals vergessen. Sein Gesicht war gezeichnet vom Leid, das er erfahren hatte, von all der Angst und den Schmerzen. Aber in seinen Augen lag immer noch der gütige Glanz der Liebe zu den Menschen.
Ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden. Das Gefühl von Mitleid schnürte mein Herz ein. Nur ab und zu machte es einer unbändigen Wut Platz. Dann ballte ich die Fäuste und wäre am liebsten auf die Soldaten losgegangen.
Erst nach einer Weile entdeckte ich das kleine Schild, das sie über das Haupt von Jesus gehängt hatten. „INRI“ stand darauf geschrieben. Ich musste eine Weile nachdenken, bevor ich begriff, was dies bedeutete: „Das ist Jesus, der König der Juden.“
Jetzt verhöhnten die Römer Jesus auch noch und mit ihm das ganze jüdische Volk.
Die Soldaten vor dem Kreuz stritten noch immer. Ich war nun nahe genug, um zu verstehen, worum es ging. Sie stritten darum, wer das Kleid von Jesus bekommen sollte. Es war kein schönes oder wertvolles Gewand. Im Gegenteil, es war an einigen Stellen angerissen und hatte überall Blutflecken. Aber dennoch wollte keiner der Soldaten nachgeben.
„Also gut, dann losen wir, wem es gehören soll!“, befahl der größte und stärkste der Soldaten. Er hob fünf kleine Holzstücke vom Boden auf und steckte sie in die Faust, sodass nur ihre Spitzen zu sehen waren. „Wer das längste Holz zieht, bekommt das Gewand.“
Einer nach dem anderen zog ein Stück Holz aus der Faust ihres Kameraden. Schließlich verglichen sie die Hölzer. Der schmächtigste unter ihnen grinste gehässig. „Tja, das gehört wohl mir. Recht so.“ Er riss das Tuch an sich und steckte es unter seine Rüstung. Missmutig gaben die anderen auf und setzten sich auf den Boden, um vor dem Kreuz Wache zu halten.
Die Sonne stand nun schon hoch am Himmel. Aber sie schien an diesem Tag keine Kraft zu haben. Ihr Licht war matt und warf seltsam scharfe Schatten.

Immer wieder kamen Leute aus der Stadt, um nach dem Gekreuzigten zu sehen. Manche sahen betroffen aus und weinten sogar. Andere verhöhnten Jesus.
In einem Augenblick, als gerade niemand sprach und nur das Pfeifen des Windes zu hören war. Hob Jesus den Kopf. Er blickte in den fahlen, wolkigen Himmel und rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Mich fröstelte. Mir wurde klar: Noch niemals hatte sich Gott so sehr von der Welt abgewandt, wie in diesem Augenblick, noch nie hatte Gott die Menschen so verlassen.
Ich konnte es kaum ertragen. Ich musste etwas Gutes tun, um zu zeigen, dass das Gute nicht ganz von der Welt war.
So nahm ich meinen ganzen Mut zusammen. Ich suchte um die Kreuze herum nach einem Stecken. Ich musste nicht lange suchen und fand einen abgebrochenen Zweig. Auf den spießte ich meinen Schwamm und goss etwas von dem Essig darüber.
Ich wollte Jesus zu trinken geben, obwohl ich sicher war, dass die Soldaten mich nicht an das Kreuz heranlassen würden. Sie würden mich sicherlich wegschubsen, schlagen und verhöhnen, sobald ich versuchte an das Kreuz zu kommen. Denn es war verboten und in diesem Fall wohl gleich zweimal. Aber ich musste es versuchen.
Zögernd ging ich auf das Kreuz zu, an den Soldaten vorbei. Die Männer sahen mich an und machten ein grimmiges Gesicht. Aber keiner stand auf und hielt mich fest.
So konnte ich meinen Zweig hochheben und den Schwamm Jesus an den Mund halten, damit er trinken konnte. Jesus nahm den Essig dankbar an.
Ein Mann, der auch schon eine ganze Weile vor dem Kreuz gestanden hatte, schrie mich an: „He du, lass das! Wir wollen sehen, ob Elia tatsächlich kommt und ihm hilft. Wenn er der Sohn Gottes ist, wird es so sein.“
„Was willst du?“, fragte ich. Der Mann musste sich verhört haben. „Er hat nach Gott gerufen!“
In diesem Augenblick schrie Jesus laut auf. Ich erschrak fürchterlich und ließ meinen Schwamm auf die Köpfe der Soldaten fallen. Erschrocken starrte ich nach oben. Jesus war gestorben.

In der ganzen Stadt war es schon bekannt. Der Statthalter von Jerusalem Pontius Pilatus hatte befohlen, Jesus zu kreuzigen.
Auch Daniel erfuhr es. Und er machte sich gleich auf den Weg zu dem Berg, auf dem die Kreuze standen.
Daniel stieg den staubigen Weg empor. Es war merkwürdig ruhig. Kein Wind wehte Staub durch die Luft. Keine Vögel zwitscherten. Auch die Stimmen aus der Stadt waren gedämpft.
Das Licht über der Stadt war sehr merkwürdig. Daniel sah in den Himmel. Die Sonne wirkte, als ob sie erlöschen wollte.
Daniel kam auf dem Berg an. Drei Kreuze standen da. Drei arme Seelen hatten die Soldaten gekreuzigt. In der Mitte war das Kreuz von Jesus. Er war gezeichnet von dem Leid, das sie ihm angetan hatten.
Vor dem Kreuz standen vier Soldaten und stritten miteinander. Sie stritten um das Gewand von Jesus.
„Um es in vier Teile zu teilen, ist es zu schade“, rief einer. „Ich bin dran. Ich bin schon beim letzten Mal leer ausgegangen.“
„Das hättest du gerne. Du suchst dir immer nur die guten Stücke“, rief sein Kamerad laut.
„Entweder wir teilen oder wir losen aus, wer es bekommt“, sagte der dritte Soldat. Er war älter als die anderen. Graue Haare schauten unter dem Helm hervor.
Die anderen drei stimmten dem Vorschlag zu losen ungern zu.
Der ältere Soldat zog eine Münze aus seiner Tasche. Alle vier warfen sie einmal auf den Boden und betrachteten, welche Seite oben lag. Der Älteste hatte Pech, die Münze lag nicht so, wie er es geraten hatte. Die anderen drei durften nochmal werfen. Schließlich gewann der Schmächtigste unter ihnen, der bisher kaum ein Wort gesagt hatte. Triumphierend lächelnd steckte er das Gewand unter seine Rüstung.
Dann setzten sie sich vor das Kreuz. Sie mussten die Kreuze bewachen. Sie sahen alle Menschen, die vor den Kreuzen standen mürrisch an.
Daniel hatte die Soldaten beobachtet. Nun sah er auf Jesus. Sein Gesicht war verzerrt. Es war das Gesicht eines Mannes, der an der Welt verzweifelt.
Daniel fröstelte es, obwohl es heiß war. Er spürte, wie weit Gott in diesem Augenblick von der Welt entfernt war. Obwohl es schon Mittag war, wurde es immer düsterer.
Daniel sah nach oben und entdeckt ein Schild, dass sie an das Kreuz von Jesus genagelt hatten. „Jesus von Nazareth, der König der Juden“ stand darauf.
„Sie haben nichts verstanden“, dachte sich Daniel.
Da hörte er Jesus krächzend rufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
„Jesus weiß es auch, dass Gott weit weg ist. Das Böse hat gesiegt“, dachte sich Daniel. Das tat ihm in der Seele weh. Er wollte Jesus zeigen, dass es auch noch gute Menschen in dieser Stadt gab.
So nahm er all seinen Mut zusammen. Er suchte einen langen Stock. Auf den spießte er den Schwamm, den er aus der Stadt mitgebracht hatte. Er schüttete Essig auf den Schwamm.
Dann nahm Daniel allen Mut zusammen. Er hob den Stock in die Höhe und ging auf das Kreuz zu.
Es war verboten, den Gekreuzigten zu trinken zu geben. Daniel wartete, dass die Soldaten ihn wegstießen. Aber sie taten es nicht.
Daniel hielt den Schwamm an den Mund Jesu. Er trank. Daniel war froh, dass er Jesus noch etwas Gutes tun konnte.
Schließlich ließ er den Stock wieder sinken. Er legte ihn vor das Kreuz auf den Boden.
In diesem Augenblick schrie Jesus laut auf. Daniel erschrak fürchterlich. Er starrte nach oben. Jesus war gestorben.
Daniel stand noch lange vor dem Kreuz. Er spürte, dass auf der Welt nichts mehr so sein würde, wie es vorher war. Er wusste nur noch nicht, wie es weitergehen sollte. „Ist jetzt alles nur noch traurig und finster?“, fragte er sich. „Ist Gott jetzt ganz fort aus der Welt?“ „Aber nein“, murmelte er vor sich hin, „das kann nicht sein.“

I. Vorüberlegungen
1. Zugänge für den Vorbereitungskreis
Wir lesen den Text im Matthäusevangelium, in dem von der Kreuzigung und dem Tod Jesu berichtet wird, aufmerksam durch.
Gottes Sohn stirbt durch Menschenhand. Ein unvorstellbares Ereignis. Gott scheint in diesem Augenblick unendlich fern zu sein.
An welchen Textstellen spüren wir diese Gottesferne am deutlichsten?
Besonders hingewiesen wird auf das Schild mit der Aufschrift „König der Juden“ (INRI). Was hat es mit diesem Schild auf sich?
Von den sieben Kreuzesworten Jesu finden wir nur eines bei Matthäus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Wir diskutieren diesen Ausruf. Was hat er zu bedeuten?

2. Zum Text / zum Thema
Die Passionsgeschichte nach Matthäus mündet in einer Darstellung der Kreuzigung von höchster Trostlosigkeit.
Die Kreuzigung wird weniger als die Vollendung des Heilsgeschehens interpretiert, wie das im Johannesevangelium der Fall ist. Sie stellt vielmehr einen absoluten Tiefpunkt in der Beziehung zwischen Menschen und Gott dar.
Die Henker verrichten ihr Werk und losen über die Beute, die Kleidung Jesu. Häme und Spott brechen über Jesus herein. Doch die Spötter beweisen dabei, wie wenig sie verstanden haben.
Selbst den klagenden Ausruf Jesu am Kreuz interpretieren viele falsch. Sie dachten, Jesus rufe Elia an. Die Zusehenden – heute würde man wohl „Gaffer“ zu ihnen sagen – erwarteten ein Zeichen in Form eines Wunders. Doch sie übersahen dabei die Zeichen, die ihnen klar gemacht hätten, wer da am Kreuz sterben muss.
Durch die Gottesferne wird die Dimension der folgenden Auferstehung erst deutlich, durch die sich Gott wieder ganz den Menschen zuwendet.

3. Die Kinder und der Text / das Thema
Die Kreuzigung muss nicht in ihren grausamen Details erzählt werden, um den Kindern verständlich zu machen, was hier Schlimmes passiert.
Während Jesus ohne jede Schuld am Kreuz sterben muss, wird er von seinen Gegnern verhöhnt. Das macht Kinder wütend, lässt aber auch die Frage aufkommen, warum sich Jesus nicht tatsächlich selbst geholfen hat, oder warum Gott dies alles zulässt.
Auf diese Frage wird es keine einfache Antwort geben. Zwar können wir auf die Auferstehung verweisen und damit darauf, dass der Tod Jesu notwendiger Bestandteil des Heilsgeschehens war. Das Matthäus-Evangelium legt uns diesen Schluss jedoch an dieser Stelle nicht unbedingt nahe. Vielmehr bleibt das Unfassbare zentraler Bestandteil des Bibeltextes an diesem Karfreitag. Die Frage nach dem „Warum“ darf gestellt werden, wird aber ohne befriedigende Antwort bleiben müssen.

II. Gestaltungshinweise
4. Liturgische Elemente

Siehe „Zur ganzen Reihe“

Lieder
Es geht ein Weinen um die Welt (KuS 102/ KGB 55)
Aus der Tiefe rufe ich zu dir (KuS 417/ LJ 359/ MKL2 8/ LH 84)
Alle Knospen springen auf (KGB 78/ MKL 112)
Es kommen zwei Frauen (Bibelhits 91)

5. Kreative Umsetzung
An Unglücksstellen legen Trauernde häufig Blumen ab und stellen brennende Kerzen auf. Dies wollen wir an diesem Karfreitag auch im Gottesdienst übernehmen.
Wir legen wieder das schwarze Tuch von den beiden vorherigen Gottesdiensten in die Mitte. Darauf legen wir ein farbiges Kreuz. Rechts und links neben das Kreuz stellen wir die gestalteten Judas- und Petrus-Kerzen bzw. legen die Pappkärtchen an diese Stellen.
Nun geben wir der Trauer um Jesus Raum.
Die Kinder schreiben oder malen auf kleinen Pappkärtchen einfache Bildchen. Diese Kärtchen werden nun auf das Kreuz gelegt und darauf wiederum ein brennendes Teelicht.

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